Ich habe es getan. Ich habe tatsächlich das böse S-Wort ausgesprochen. Kaum ein Inhaltsstoff lässt Konsumenten so erschaudern, wie die umstrittenen sogenannten Silikone. Der Ruf von Silikonen in Kosmetik hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend verschlechtert. Inzwischen werben viele Hersteller mit silikonfreier Pflege und diese Art des Marketings scheint auch zu wirken. Dabei wissen die wenigsten, was Silikone eigentlich überhaupt in der Kosmetik bewirken oder warum sie so häufig eingesetzt werden und was ihre Aufgabe ist. Deswegen wollen wir uns heute ganz intensiv mit dem Thema „Silikone in Kosmetik“ beschäftigen und dem Mythos um diesen kritisch angesehenen Inhaltsstoff einmal auf den Grund gehen.
Was sind Silikone eigentlich?
Klären wir erstmal die wichtigste Frage, aber Achtung es wird ein bisschen nerdy: Silikone ist die Bezeichnung einer synthetischen Gruppe, die zu den Polymeren gehört. Sie entstehen, wenn sich Silicium, im Grunde genommen Sand, mit Wasserstoff verbindet und eine Molekülkette bildet. Allein deswegen dürfen sie in keiner traditionellen Naturkosmetik eingesetzt werden, denn sie werden im Labor hergestellt. Man erkennt sie auf Inhaltsstofflisten durch die Endungen -siloxane, -conol oder -cone. Neben der Kosmetik findet man Silikone in vielen Branchen wieder, sei es in der Medizin, der Automobilbranche oder in der Küche.
Warum werden Silikone in Kosmetik eingesetzt?
Silikone gelten als extrem verträglicher Inhaltsstoff, denn sie sind von Haus aus reaktionsträge und lösen somit vergleichsweise wenig Allergien oder Unverträglichkeiten aus. In Beauty-Produkten erfüllen sie verschiedene Zwecke:
- Pflege: Hier werden sie oft als sogenannter Träger für Wirkstoffe eingesetzt. So kann sichergestellt werden, dass der Wirkstoff möglichst effektiv auf die Haut transportiert wird. Sie tragen auch dazu bei, dass sich ein Produkt möglichst geschmeidig auf der Haut anfühlt und sich gut verteilen lässt. Bestimmte Silikonarten können auch ein Produkt wasserfest oder wasserabweisend machen und werden daher auch oft in Sonnenpflege eingesetzt.
- Dekorative Kosmetik: Silikone werden hier oft als Weichzeichner verwendet. Sie kaschieren Fältchen, Narben und Unreinheiten. Sie sorgen auch für die Langlebigkeit von Foundations & Lippenstiften und sind für den Liquid-to-Powder-Effekt verantwortlich. Der bewirkt, dass z.B. ein frisch aufgetragener Concealer erst flüssig ist und dann aber ein pudriges Finish hinterlässt.
- Haarpflege: Silikone legen sich über das Haar und glätten dabei seine Oberfläche. Dadurch entsteht ein schöner Glanz und vermittelt so das Gefühl gesunder Haare. Silikone verhindern außerdem, dass das Haar sich statisch aufladen kann.
Kaum einen Inhaltsstoff umschwirren so viele Mythen & Märchen wie die Silikone. Silikone drohen die Haut zu ersticken, Unreinheiten zu verursachen und sich im Grundwasser anzusammeln. Viele dieser Vorurteile konnten jedoch mit Hilfe von Studien widerlegt werden. Denn am Ende wollen wir ja doch der Wissenschaft vertrauen und keine Gerüchte schüren.
Können Silikone die Poren verstopfen?
Nein. Dieser Aberglaube wurde in vielen Medien geschürt und auch ich muss zugeben, dass ich in einigen Schulungen immer wieder davor gewarnt wurde, dass Silikone die Poren verstopfen oder sogar durch meine Haut dringen und sich in meinem Körper ansammeln können. Doch diese Informationen sind schlichtweg falsch. Silikone sind nicht komedogen und verstopfen keine Poren. Sie können durch ihre molekulare Struktur, welche viel zu groß ist, auch nicht in unser Blut gelangen. Keine Panik also!
Können Silikone in Kosmetik die Haut ersticken?
Silikone können tatsächlich einen Film über die Haut legen, der Feuchtigkeitsverlust vorbeugt. Diese Film hat jedoch nichts mit der Frischhaltefolie zuhause gemeinsam, mit der er oft verglichen wird. Er lässt Wasser, Sauerstoff und Stickstoff in Form von Wasserdampf durch und kann daher die Haut nicht “ersticken” oder ihr nachweislich schaden.
Warum bekomme ich von Silikonen Unreinheiten?
Silikone selbst gelten als sehr verträglich, auch bei sensibler oder unreiner Haut. Trotzdem bemerkte auch ich in der Vergangenheit, dass Produkte mit Silikonen Pickel bei mir verursachten. Dies ist jedoch nicht den Silikonen geschuldet, sondern ihrer Eigenschaft, andere Stoffe beim Transportweg in die oberste Hautschicht zu unterstützen. Sie agieren hier als Beschleuniger und das leider auch für Inhaltsstoffe, die meine Haut nicht verträgt. Durch diesen Effekt entstand der Aberglaube, dass die Silikone selbst für Akne & Co. verantwortlich sind.
Sind Silikone in Kosmetik nachhaltig?
Ja. Silicium ist am Ende des Tages nichts anderes als Sand, das zweithäufigste Mineral der Erde. Es löst sich unter der Einwirkung von Sonne und Luft rasend schnell selbst auf. Rückstände von Silikonen, die in unserem Wasser landen, schließen ihren Lebenszyklus ab, indem sie sich auf den Boden verteilen, wo sie durch Rückführung in Sand abgebaut werden. Letztendlich kehren sie zu Kieselsäure (Sand), Kohlendioxid und Wasser zurück.
Aber warum zum Teufel, haben Silikone in Kosmetik trotzdem so einen schlechten Ruf?
Silikone sind kostengünstig herzustellen und ersetzen in vielen Produkten den Einsatz von hochwertigen Ölen und Fetten. Pflanzliche Öle können die Haut nachweislich schützen und aufbauen, vor freien Radikalen schützen und entzündungshemmend wirken. Silikone sorgen zwar für ein gutes Hautgefühl, doch der tatsächliche Zustand der Haut wird rein durch Silikone nicht verbessert. Deswegen verwenden viele Hersteller gerne günstige Silikone als Basis für ihre Produkte, müssen diese doch dann mit einem Wirkstoff anreichern, um einen langfristigen Effekt für die Hautgesundheit zu erzielen. Silikone kaschieren oft Trockenheit, Fältchen und Unebenheiten, bieten aber keine Lösung für eine geschädigte Hautmembran oder das natürliche Altern der Haut.
Mein Fazit
Silikone sind auf keinen Fall so schlecht wie ihr Ruf. Dieser ist entstanden, weil sie oft als billiger Füllstoff eingesetzt werden, anstatt nach teuren und hochwertigen Inhaltsstoffen zu greifen. Gleichzeitig sind sie ein synthetischer Stoff, der zwar viele Vorteile bringt, jedoch nichts mit Naturkosmetik zu tun hat. Allein diese zwei Faktoren tragen maßgeblich zu dem Aberglauben bei, dass sie nur schlecht seien. Diesem kann ich jedoch widersprechen. Silikone sind aus der dekorativen Kosmetik kaum wegzudenken, denn sie sorgen für die Langlebigkeit unserer Foundation und dafür, dass unser Lippenstift nicht alle zwei Sekunden nachgezogen werden muss. Auch in der pflegenden Kosmetik können sie Wirkstoffe effizient und zielgenau transportieren und somit die Hautgesundheit zumindest als kleiner Bote unterstützen. Trotzdem sollte jeder für sich entscheiden, ob und wie er Silikone in seiner persönlichen Routine einsetzen möchte. Ich kann hier nur jedem empfehlen, sich seine Produkte zuhause genau anzuschauen und bei Unverträglichkeiten nicht immer demselben Inhaltsstoff den schwarzen Peter zuzuschieben.
Zum Schluss möchten wir gern von euch wissen, wie ihr zu dem Thema Silikone steht? Habt ihr sie komplett aus eurem Badezimmer verbannt oder macht ihr bei manchen Produkten Ausnahmen?
5 Kommentare
Ein sehr toller und aufschlussreicher Artikel. Und ich muss gestehen: ich hätte in vielen Punkten falsch gelegen. Ich achte auf silikonfreie Produkte und habe Silikone auch als absolut schlecht abgespeichert. Dieser Artikel belehrt mich eines besseren. Dennoch möchte ich lieber hochwertige Öle anstatt Silikone in meinen Pflegeprodukten habe. Hierfür bin ich dann auch bereit mehr Geld zu investieren.
Liebe Kathi,
Vielen Dank für dein Feedback 🙂 ich hab auch allein wegen des hautgefühls lieber Öle auf der Haut, aber Silikone sind besonders für geplagte Problemhaut oft die sicherere Variante. Aber am Ende entscheidet jeder ja selbst was er verwenden mag 🙂
Das ist ja mal eine ganz andere Seite der Medaille! Super interessanter Beitrag. Ich mag es, wenn man wissenschaftlich und ehrlich über Produkte und Inhaltsstoffe aufklärt. Davon bräuchten wir viel mehr!
In meinem Badezimmer befinden sich wohl kaum noch Silikon Produkte, da ich versuche nur Naturkosmetik zu benutzen. Dennoch werde ich ab jetzt auch bei den “natürlichen” und “naturnahen” Produkten nicht direkt Reisaus nehmen, sobald ich Silikone auf der INCI Liste entdecke.
Liebe Grüße
Johanna @hannicoco_
Liebe Johanna,
Vielen Dank für deinen Kommentar. Genau, wir wollen hier in erster Linie aufklären und ein paar Mythen rund um Kosmetik lüften. Weil letztendlich kursiert hier sehr viel Halbwissen und natürlich hat nicht jeder die Möglichkeit oder Lust lange Studien zu lesen.
Deswegen freut uns dein Feeback sehr! Vielen Dank
Annie
Danke für den aufschlussreichen Artikel, ich versuche Silikone seit Jahren Silikone in meiner Pflegerourine zu meiden. Habe jedoch aufgrund meiner hochsensiblen Haut einige Recherchen durchgeführt und festgestellt dass gerade die in der Naturkosmetik enthalten ätherischen Öle meine Haut zu stark reizennund die Poren sehr verstopfen.
Da kam ich auf die Toleriane Serie von La roche posay und stellte fest, dass dort viel mit Silikon gearbeitet wird und wurde skeptisch. Aber diesem Artikel hat wirklich einiges für mich aufgeklärt.