Wisst ihr was, mich beschäftigt seit einigen Wochen ein ganz spezielles Thema. Das ganze Gerede und die Thematik “No-Make-up vs. Make-up” gehen mir langsam gewaltig auf den Keks. Warum hat denn das Interesse an einer Foundation oder einem Tiegelchen Feuchtigkeitscreme sofort etwas mit Oberflächlichkeit zu tun? Ständig werden mir bei Interviews Fragen gestellt, was ich darüber denke, dass immer mehr und mehr Frauen dem übertriebenen Schönheitswahn verfallen. Als Beauty-Redakteurin beschäftige ich mich natürlich täglich mit den neusten Innovationen aus der Schönheitsindustrie und fühle mich natürlich irgendwie auch persönlich angesprochen. Bin ich denn gleich oberflächlich oder gar nicht feministisch genug, wenn mich neben vielen anderen Themen, die mir im Kopf umherschwirren, auch die schönen Dinge, wie Kosmetik beschäftigen? Auf This is Jane Wayne, für die ich als Beauty-Redakteuren tätig bin, ging ein Artikel zur besagten Thematik online. Wer von meinen Lesern, den Beitrag bei den lieben Janes noch nicht gesehen hat, der findet hier meine ganz persönlichen Gedanken zum Thema:
No-Make vs. Pro-Make-Up?
Lange habe ich mich in der Welt der No-Make-up-Bewegung nicht getraut, von Rouge, Bronzer, Foundations, Highlighter und Augenbrauenpuder zu sprechen, geschweige denn von irgendwelchen Paletten zu schwärmen. Warum? Vielleicht, weil mir die wunderschöne Alicia Keys mit ihrer No-Make-up Bewegung die Tour versaut hat? Vielleicht, weil ein Lippenstift nur abends für eine Stunde mal ran darf. Vielleicht, weil Make-up nicht die Welt rettet. Und gerade in Zeiten wie diesen oft als anti-feministisch angesehen wird. Wer beschäftigt sich schon mit Schönmachern, wenn es weitaus wichtigere Dinge in diesem Universum gibt?
Dabei haben uns Beauty-Themen schon immer tangiert: Es gibt den Schönheitskult seit Tausenden von Jahren und es gab schon immer die unterschiedlichsten und verrücktesten Trends und Schönheitsideale. Frauen und Männer haben sich seit Menschengedenken mit den verschiedensten Methoden und Mitteln verschönert. Für Rituale, für besondere Momente, für die anderen, für sich selbst. Seit jeher setzt die Menschheit die unterschiedlichsten Hilfsmittel ein, um den jeweils vorherrschenden Schönheitsvorstellungen in seiner Gruppe zu entsprechen. Lass es die Wespentaille in der Barockzeit sein, während in den 20er Jahren kleine Brüste das Nonplusultra waren und es noch heute Völker gibt, deren schönsten Frauen einen 30 bis 40 cm langen Hals haben. Und heute? Bei „uns“ stroben und highlighten sich junge Mädchen das Gesicht. Schönheit war schon immer ein ganz besonderes Thema.
Nun will ich eigentlich gar nicht in der Vergangenheit graben, denn ich vermute, ihr habt alle in Geschichte aufgepasst und wisst, dass sogar Amy Winehouse den Kleopatra Wing mit Stolz getragen hat.
Irgendwie ist es aber auch eine komplizierte Sache mit dem Beauty-Kram. Des einen Leid, ist des anderen Freud. Und so sehr ich nackte, pure und frisch eingecremte Gesichter liebe, so sehr liebe ich es auch mal zu experimentieren und das abseits der Discokugel. Ja auch mit etwas mehr Mut an die Sache zu gehen und vielleicht anstatt einer roten Lippe, ein rotes Lid spazieren zu tragen. Oder vielleicht doch etwas mehr Glanz und Gloria an einem Montagmorgen in der Straßenbahn auf dem Weg ins Büro all meinen Mitfahrern zu präsentieren. Wen juckt es denn auch, ob ich en masse Farbe im Gesicht habe, oder nur ein Hauch BB Cream – am Ende des Tages bin ich doch immer noch die gleiche Person.
Schließlich ist es ja auch langweilig jeden verfluchten Tag der Woche mit ein und der selben Jeans, dem gleichen grauen Pullover und den durchgerockten Chucks zu beginnen. Auch die Garderobe verlangt nach etwas mehr Spannung und Variation im Leben, wie auch der Mittagstisch und die Medienauswahl. Oder wollen wir etwa immer und immer wieder dieselbe Seite, desselben Buchs lesen, obwohl die Welt voller inspirierender Geschichtenerzähler und ihrer Werke ist?
Gewiss hat es mit dem Blickwinkel aus dem man das ganze Thema betrachtet, zu tun. Während es für den einen nur etwas mit Oberflächlichkeit und nicht vorhandenem Selbstbewusstsein zu tun hat, hat es für den anderen etwas mit Kunst zu tun. Vielleicht auch die Kunst sich selbst zu lieben.
Muss ich mich eigentlich für oder gegen das Thema Schönheit entscheiden?
Wenn ihr mich fragt, dann würde ich immer wieder und wieder sagen: Beim Schönheitskram ist es so – alles kann, nichts muss. Denn ich liebe es, meine Lider mit schwarzer Farbe zu bestreichen, meine Haare so hell zu färben, wie es Brigitte Bardot einst machte. Auch ich mag es, meine eh schon buschigen und wilden Augenbrauen noch einen Ticken mehr zu betonen, hin und wieder schmiere ich mir auch rosa getönte Paste, Concealer genannt, unter die Augen. Nur, weil ich meine dunklen Schatten unter den Augen verbergen möchte. Und warum das Ganze? Weil ich Lust darauf habe. Make-up oder im allgemeinen Beauty macht kolossal Spaß. Und außerdem ist es noch so viel mehr als nur ein Lippenstift und eine Mascara. Beauty bringt dich näher an dich heran. Es lehrt dich deine Bedürfnisse und die deiner Haut besser zu verstehen. Es ist vielleicht eine etwas wilde These, aber eine unreine Haut, hat vermutlich nur 10 Prozent mit der Haut zu tun, die restlichen 90 Prozent sind Ursachen, die aus dir raus entstehen. Die du vermutlich gar nicht kennst, wie Stress, schlaflose Nächte, Liebeskummer oder schlechte Ernährung. Klar sollen wir den Ursachen auf den Grund gehen, aber manchmal ist es doch auch ein Pflaster fürs Gemüt, wenn uns nicht jeder auf Anhieb die eigentlichen Sorgen ansieht, oder?
Für mich hat Make-up nichts mit verstecken zu tun. Beauty ist auch kein lästiges Thema. Beauty rettet manchen Menschen den Tag, verbindet Kulturen und ist Zeitzeuge zugleich.
Und natürlich ist es keinesfalls schräg das eigene Antlitz vor dem Verlassen der eigenen vier Wände einen Hauch mehr Farbe zu geben, wenn es einem denn gefällt. Warum denn auch nicht?
Schluss mit der Schwarz/Weiß-Malerei. Und Schluss mit entweder oder. Handhabt es doch einfach so, wie es euch beliebt: Heute so, morgen so. Gestern wieder anders und übermorgen sowieso!
4 Kommentare
Das ist ein schöner Artikel, Elina <3
Und der Lederrock, den Du oben auf dem Foto trägst, woher ist er? Die Farbe ist so toll!
Liebe Corinna,
Danke dir, ich musste das mal loswerden.
Den Lederrock finde ich auch großartig, gekauft habe ich ihn bei and other stories, allerdings schon vor ein paar Jahren. Die haben aber immer wieder mal das Modell.
xx
Elina
Da bin ich voll und ganz bei Dir. Ich bin nicht oberflächlich, ich bin Feministin, und ich liebe Beauty und Makeup. Und das ist gar kein Gegensatz. Jeder, wie er mag.
Anne – Linda, Libra, Loca
Meine Rede! <3