Auch wenn wir hier alle große Fans von Kosmetik sind, müssen wir auch einmal die eher ernstere Themen ansprechen. Verschwenderische Verpackung, Mikroplastik und nicht nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen gehören zu den Dingen, die einen bitteren Beigeschmack bei uns Konsumenten hinterlassen. Dabei ist es besonders wichtig, sich mit allen Aspekten der Produkte auseinanderzusetzen, die unser Badezimmer bevölkern. Eine weitere sehr traurige Komponente sind die Tierversuche in der Kosmetik, die bei der Herstellung von Kosmetik durchgeführt werden. Das Thema ist recht komplex, weswegen wir heute einmal etwas Transparenz schaffen wollen, damit ihr als Kunden wisst, was genau da vor sich geht.
Tierversuche in der Kosmetik: Brauchen wir das eigentlich noch?
Das Testen von Inhaltsstoffen oder fertigen Produkten an Tieren war lange Zeit unumgänglich, um Produkte auf den Markt zu bringen. Dazu werden in der Regel die Substanzen an Hasen, Mäusen oder Ratten getestet, um eine bedenkliche Reaktion für den Menschen auszuschließen. Haarpflege, Make-up, Gesichtspflege, selbst Nagellacke wurden so in der Vergangenheit getestet. Dabei wird oft das Produkt auf eine kahle Hautstelle des Tieres aufgetragen und dann beobachtet, ob eine Reaktion folgt. Statistisch (hier eine Studie dazu) gesehen können für einen neuen Inhaltsstoff bis zu 1.400 Versuchstiere umkommen. Eine schockierende Zahl, die uns erahnen lässt, wie schrecklich diese Form der Testung ist. Inzwischen sind Tierversuche für Kosmetikprodukte jedoch nicht mehr nötig, da man die Reaktion auf neue Inhaltsstoffe im ersten Schritt an künstlich hergestellter Haut testen kann oder auch im weiteren Verlauf an freiwilligen Testpersonen.
Das sagt die aktuelle Gesetzgebung
Wir haben riesiges Glück, dass wir hier in Deutschland bereits seit 1998 dank des Einsatzes des Deutschen Tierschutzbundes keine Tierversuche für die Entwicklung von Kosmetika durchführen. Seit 2004 gilt auch für die EU, dass fertige Kosmetika nicht mehr an Tieren getestet werden dürfen. Einzelne, neue Inhaltsstoffe dürfen seit 2009 nicht mehr an Tieren getestet werden. Ab da war es auch verboten, Produkte, welche an Tieren getestet wurden, innerhalb der EU zu verkaufen. Schließlich wurde der Einsatz von einzelnen Inhaltsstoffe, welche an Tieren getestet wurden, innerhalb der gesamten Europäischen Union verboten. Die Chance, an ein Produkt zu gelangen, welches mit der Hilfe von Tierversuchen auf den Markt kam, ist somit innerhalb der EU und Deutschland fast unmöglich. Diese Sicherheit haben wir unseren strengen Gesetzen zu verdanken, welche hier in erster Linie die Tiere, aber auch uns als Konsumenten schützen.
Warum werben so viele Marken mit dem Claim “tierversuchsfrei”?
Hier mischt die Marketingmaschine wieder ordentlich mit. Viele Brands werben oft mit dem Slogan “tierversuchsfrei” auf ihren Produkten. Dabei darf man (zumindest in Deutschland) bereits seit über 20 Jahren nicht mehr an Tieren testen. Das ist den Marken natürlich bewusst, denn sie müssen sich an die Gesetze halten, wenn sie innerhalb der EU ihre Produkte verkaufen wollen. Jedoch zieht dieser Claim einfach besonders gut bei Kunden, denen die Natur und die Tiere am Herzen liegen. Theoretisch könnte jedes Produkt innerhalb der EU sich den Claim aufdrucken lassen, denn nur ohne Tierversuche darf man sie auch vertreiben und verkaufen. Anders sieht es mit Marken aus, die zwar innerhalb der EU nicht an Tieren testen oder Ware verkaufen, die an Tieren getestet wurde, gleichzeitig aber in Ländern ihre Produkte vertreiben, die keine Verbote gegen Tierversuche haben. Diese Marken wirken zwar innerhalb der EU tierversuchsfrei, sind global gesehen aber nicht so einzustufen.
Und wie sieht es mit dem Rest der Welt aus?
Jetzt wird das Ganze jedoch etwas komplizierter. Wir haben bis jetzt immer von Deutschland und der EU gesprochen, die mit ihren strengen Gesetzen bereits vor Jahren Tierversuche in der Kosmetik verboten haben. Dies gilt aber nicht für die ganze Welt. Zum jetzigen Zeitpunkt verbieten nur die EU, Großbritannien, Indien, Israel, Kolumbien und Norwegen Tierversuche für kosmetische Erzeugnisse. Der Rest der Welt sieht dieses Thema mehr oder weniger lockerer an oder hat keine speziellen Verbote.
Aber in China muss doch getestet werden, oder?
Der chinesische Markt spielt für viele internationale Marken eine extrem große Rolle. Die Kaufkraft der Chinesen ist unglaublich stark, weswegen viele Hersteller es gar nicht umgehen können ihre Produkte auch dort anzubieten. Jedoch verlangt China, dass alle importierten Kosmetika, wie z.B. Parfum, Shampoo oder Pflege, vorab an Tieren getestet werden. Wenn sich also eine Marke entschließt, auf chinesischem Festland ihre Produkte zu verkaufen, müssen alle fertigen Produkte an Tieren getestet werden und erst danach dürfen sie dort auch verkauft werden. Dies ist einer der Gründe, warum man viele internationale Marken innerhalb Chinas nicht kaufen kann und viele Chinesen deswegen ins nahegelegene Hong Kong gehen, um dort ihre Pflegeprodukte zu kaufen. Diese sehr altmodische Gesetzgebung erntete in den vergangenen Jahren sehr viel Kritik. Marken, die sich entschlossen haben, in China zu verkaufen, wurden hart verurteilt und ich muss auch zugeben, dass sie bei mir einen gewissen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Das soll sich womöglich in naher Zukunft hoffentlich ändern.
Endlich! Keine Tierversuche in der Kosmetik mehr!
Seit 1989 galten in China die sogenannten Cosmetics Hygiene Supervision Regulations (CHSR), die es Herstellern nur mit dem Einsatz von Tierversuchen ermöglichte, ihre Produkte dort zu verkaufen. Diese Verordnung soll jedoch endlich, nach über 30 Jahren, nächstes Jahr gekippt werden. Ab dem 1. Januar 2021 sind Tierversuche für importierte Kosmetikprodukte nicht mehr notwendig. Die Produkte erhalten von dort an lediglich eine Sicherheitsbewertung durch China, welche ohne das Testen an Tieren auskommen wird. Genaue Details, welche Anforderungen die Produkte erfüllen müssen, gibt es noch nicht, jedoch lässt dieser große Schritt der Chinesischen Regierung hoffen, dass Tierversuche innerhalb der Kosmetikindustrie bald der Vergangenheit angehören. Ein weltweites Verbot gibt es zwar leider noch nicht, aber wir bewegen uns hier ganz stark in die richtige Richtung.
Und was können wir tun?
Das Einfachste und Beste, was man hier tun kann, ist, bestimmte Marken, die Tierversuche in Ländern außerhalb der EU durchführen, nicht mehr zu kaufen. Wenn du selbst ganz sicher sein willst, dass deine Kosmetikprodukte nicht an Tieren getestet wurden, dann achte beim Kauf auf das “Leaping Bunny”-Siegel. Der kleine Hase versichert dir, dass die Marke in keinerlei Zusammenhang mit Tierversuchen steht. Die Marke muss außerdem eine transparente Kette der Gewinnung und Produktion der Produkte nachweisen können. Um das Siegel zu behalten, müssen jährlich Nachweise erbracht werden. So kannst du als Konsument mit gutem Gewissen die Produkte kaufen und benutzen.
Wie steht ihr zu dem Thema Tierversuche in der Kosmetik? War euch die Problematik bereits bewusst und achtet ihr bei euren Produkten darauf?
1 Kommentar
Liebe Annie,
Danke für den Artikel! Ich beschäftige mich in letzter Zeit auch immer mehr mit dem Thema und versuche nur noch Produkte zu kaufen, die nicht an Tieren getestet werden bzw. vermeide Firmen, die in China verkaufen. Deswegen meine Frage: ich habe früher super gern Produkte von Clinique und Chanel verwendet, aber die sind ja auch in China erhältlich und somit nicht tierversuchsfrei, oder? Kannst du mir da vielleicht weiterhelfen? Vielen lieben Dank und viele Grüße, Kathrin